Chatkontrolle
Die sogenannte Chatkontrolle, also die anlasslose Massenüberwachung aller EU-Bürger, hat erfreulich viel Aufsehen erregt und Widerspruch ausgelöst. In der Folge wurde die für den 14. Oktober geplante Abstimmung im EU-Rat auf unbestimmte Zeit verschoben.
Soll aber mal keiner glauben, dass sich die Sache damit erledigt hat. Die Betonung liegt auf „verschoben“. Bereits im Dezember könnten die Befürworter anlassloser Überwachung den nächsten Versuch starten, sagt Elina Eickstädt im Podcast Logbuch Netzpolitik.
Digitaler Omnibus
benfalls Thema im Podcast ist der digitale Omnibus. Dies ist die Bezeichnung für den Versuch, auf europäischer Ebene Regeln, welche die Rechte der Bürger gegenüber dem Gewinnstreben von Big-Tech stärken, abzuschwächen oder am besten ganz abzuschaffen.
Dabei handelt es sich um ein Einknicken der Europäer vor den USA. Thomas Lohninger sagt:
„Dieser Omnibus sieht schon sehr nach dem aus, was sich Donald Trump wünschen würde.“
Die Beschreibung der Zukunft fällt dementsprechend ernüchternd aus:
„Diese Gesetzgebungsperiode auf EU Ebene, die nächsten vier, fünf Jahre, stehen unter dem Zeichen schlimmeres abzuwenden und überhaupt nur zu verteidigen, was wir schon haben. Da geht’s nicht mehr um Zukunft gestalten. Da geht es eigentlich nur darum, nicht den Boden unter den Füßen weggezogen zu bekommen.“
Das Wegwerfen von dem, was Europa einzigartig macht, ist kein Standortvorteil.
Digital Fairness Act
In einem Blogbeitrag berichtet die NGO EDRi über den Stand beim Digital Fairness Act (DFA).
Die EU-Kommission überprüfte im „Digital Fairness Fitness Check“, ob die Bürger durch die bestehenden Gesetze (DMA, DSA, DSGVO, AI-Act) ausreichend gegen unfaire Praktiken der Anbieter digitaler Produkte und Dienstleistungen geschützt sind.
Ergebnis: Nein. Sind sie nicht.
Also so gar nicht.
Die Anbieter setzen im großen Stil Methoden zum Nachteil der Nutzer ein. Dazu zählen süchtig machendes Designs (z.B. infinite scroll), Dark Patterns (z.B. Verbergen von wichtigen Informationen) und unfaire Personalisierung (z.B. Surveillance Pricing)
The Digital Fairness Fitness Check estimated that unfair practices cause at least EUR 7.9 billion in consumer harm each year, excluding time loss and mental distress. Yet the true impact is far greater than financial loss. Manipulative and exploitative design directly infringes people’s rights, for instance to privacy, data protection, autonomy, equality, freedom of thought, and participation in public life. It shapes how people act and decide, reproduces structural discrimination, and entrenches dependency on platforms that profit from vulnerability.
Von der Gestaltung des DFA hängt ab, ob europäische Bürger weiterhin wie Vieh zur Schlachtbank der US-Monopolisten geführt werden, oder ob digitaler Verbraucherschutz ein wesentlicher Aspekt europäischer Lebensweise wird.
Die BigTech-Lobbyisten
Ein Stärkung digitaler Bürgerrechte setzt dem Gewinnstreben der großen Technologieunternehmen Grenzen. Das wollen diese sich nicht bieten lassen und stecken so viel Geld wie nie zuvor in Lobbyismus.
Felix Duffy berichtet für die NGO LobbyControl über die Lobbyausgaben der Digitalindustrie.
Ihre üppigen Lobby-Budgets hat die Digitalindustrie dafür genutzt, um mit Nachdruck für eine Deregulierung der EU-Digitalpolitik zu werben. Diese Lobbyoffensive scheint Wirkung zu zeigen. In jüngster Zeit fordern etwa mehrere politische Entscheidungsträger:innen, die Arbeiten am KI-Gesetz (AI Act) auszusetzen. Zugleich gibt es koordinierte Versuche, die Datenschutzrechte der Bürgerinnen nach der DSGVO zu schwächen. Auch der Digitale Märkte-Gesetz (DMA) und das Digitale Dienste-Gesetz (DSA) werden von den großen Tech-Konzernen fortlaufend angegriffen. Teils geschieht das sogar mit Unterstützung aus der Trump-Administration.
Fazit
Die Rechte der Bürgen gegenüber der Digitalindustrie wurde in den letzten Jahren durch eine Reihe von Gesetzen gestärkt. Diese Entwicklung versucht BigTech mit dem Einsatz ihrer quasi unbegrenzten finanziellen Mittel zu bremsen oder sogar zurück zu drehen. 
Jeder Einzelne kann ein Zeichen gegen das Machtstreben der großen Technologien setzen, indem er zum Beispiel eine Suchmaschine nutzt, die keine Datenkrake ist. Diese persönlichen Entscheidungen haben aber wenig Einfluss auf das „Big Picture“. 
Nur eine harte Regulierung und deren konsequente Durchsetzung kann dem maßlosen Gewinnstreben auf Kosten der europäischen Bürger Grenzen setzen. Die politischen Vertreter der EU müssen sich den Einflüsterungen der Lobbyisten entgegen stellen und die Rechte der europäischen Bürger verteidigen. 
Das Engagement der Zivilgesellschaft beim Thema Chatkontrolle hat gezeigt, dass das Wachrütteln von Politikern Wirkung zeigt.
Wir bleiben dran.