Kai-Uwe Makowski

KUBlog

Das Zeitalter der Altersverifikation

Der Zugang zu altersbeschränkten Internetangeboten ist für jedermann, auch ohne Nachweis der Volljährigkeit möglich.

Die Regulierungsbehörden in Großbritannien machen seit letzter Woche Altersverifikationen zur Pflicht. Dies betrifft nicht nur pornografische Angebote, sondern auch Plattformen.

> Some of the biggest porn websites—including Pornhub and YouPorn—have said that they will comply with the new rules. And social media sites like BlueSky, Reddit, Discord, Grindr, and X are introducing UK age checks to block children from seeing harmful content.

Diese Zugangsbeschränkungen werden keinen Jugendlichen vom Pornokonsum abhalten. Sebastian Meineck schreibt auf netzpolitik.org:

> Stand aktuell werden die hart erkämpften Alterskontrollen keinen einzigen britischen Jugendlichen von Pornos fernhalten. Mit simplen Mitteln wie VPN-Software oder dem Tor-Browser lassen sich die Kontrollen kinderleicht umgehen. Sie verfehlen ihren angeblichen Zweck.

In Wirklichkeit ist die Altersverifikation ein weiterer Schritt hin zur Abschaffung der Freiheit im Netz.

> Die Einführung der Alterskontrollen könnten sich nämlich nur als der erste Akt einer Tragödie erweisen, um Stück für Stück Anonymisierungs-Dienste wie VPN-Software oder Tor zu kriminalisieren. Solche Dienste gehören in den Werkzeugkasten digitaler Selbstverteidigung, um Grundrechte wie Datenschutz, Privatsphäre oder Informationsfreiheit zu wahren und Zensur zu umgehen.

Was Kindern im Netz wirklich helfen würde, ist Aufklärung. Und zwar durch Eltern, die sich selbst über die Gefahren im Internet informieren, und dieses Wissen an ihre Kinder weiter geben.,

Die Selbsteinschätzung der Verwirrten

Traurig aber wahr: Die Tatsache, dass Verschwörungserzählungen heute eine so wichtige Rolle in „modernen“ Gesellschaften spielen, zwingt leider auch diejenigen, die Aberglauben für ein Relikt der Vergangenheit hielten, sich mit den Mechanismen auseinander zu setzen.

Anstatt Verschwörungsgläubige als dumm abzutun, versucht die Wissenschaft die Mechanismen zu ergründen, die Menschen zum Verschwörungsglauben bringen. Jennifer Ouellette spricht für arstechnica mit dem Psychologen Gordon Pennycook.

Dieser stellt fest, dass der geringe Anteil an einer Versuchsgruppe, der an eine Verschwürungserzählung glaubt, fälschlicherweise annimmt, zur Mehrheit zu gehören.


> And while a majority of participants believed a conspiracy’s claims just 12 percent of the time, believers thought they were in the majority 93 percent of the time. This suggests that overconfidence is a primary driver of belief in conspiracies.

Hier wirkt eine Fehleinschätzung als verstärkender Faktor für eine andere.

Pennycook erläutert den Einfluss dieser Fehleinschätzung:

> Overconfidence is one of the most important core underlying components, because if you’re overconfident, it stops you from really questioning whether the thing that you’re seeing is right or wrong, and whether you might be wrong about it. You have an almost moral purity of complete confidence that the thing you believe is true. You cannot even imagine what it’s like from somebody else’s perspective. You couldn’t imagine a world in which the things that you think are true could be false. Having overconfidence is that buffer that stops you from learning from other people. You end up not just going down the rabbit hole, you’re doing laps down there.

Es scheint sich um ein übergeordnetes Problem zu handeln, für das der Forscher keine Lösung sieht:

> You can’t have a conversation with somebody who doesn’t want to have the conversation. […] But you can’t really convert someone who doesn’t want to be converted. So I’m not sure that there is an answer. I think that’s just the way that humans are.

Menschen sind, wie sie sind. Das erklärt vieles.

Aus Fehlern lernen (oder eben nicht)

Warum wählen Menschen Parteien wie die FDP oder die AfD, die erwiesenermaßen keine Politik in ihrem Interesse machen?

Jennifer Ouellette hat für arstechica eine Untersuchung der Univeristät New South Wales ausgewertet. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass ein überraschend großer Anteil der Menschen nicht in der Lage sind, kausale Zusammenhänge zwischen den eigenen Handlungen und deren Folgen zu erkennen.

> Researchers […] suggest that the core issue is that such people don’t seem able to make a causal connection between their choices/behavior and the bad outcome

Die Gruppe der Menschen, die nicht erkennen, dass sie selbst das Problem sind, lässt sich nochmal unterteilen: Ein Teil versteht die Zusammenhänge, wenn man sie ihnen erklärt. Der andere Teil verweigert die Einsicht entgegen aller Hinweise auf die realen Zusammenhänge.

> The researchers admit it’s a bit perplexing that so many Compulsives still persisted in making bad choices, even after receiving new information.

Die Ursachen für dieses Verhalten sind noch unbekannt. Eine Möglichkeit könnte mit der Häufigkeit (nicht der Schwere) der negativen Konsequenzen der fehlerhaften Selbsteinschätzung liegen.

Die Forscher empfehlen dennoch, verwirrten Menschen Ratschläge für erfolgversprechenderes Handeln zu geben. Das wird nicht bei jedem Erfolge zeitigen, aber es kostet nichts und kann doch so manchen zum Umdenken bewegen.

Das Strafrecht vs. X

Bereits 2024 wurden in Großbritannien Menschen durch Falschmeldungen auf X zu Gewalt und rassistischen Unruhen aufgestachelt.

Elon Musk persönlich versuchte einen Bürgerkrieg zu starten.

> Elon Musk, […], erklärte wenige Tage nach Beginn der Unruhen einen Bürgerkrieg in Großbritannien für unausweichlich […]. Ebenso beteiligte er sich an der Verbreitung von Inhalten, die zu einer Spaltung der britischen Gesellschaft beitragen könnten. Über die Gründe seines Handelns ist nichts bekannt.

Dies Art der Manipulation will Frankreich nicht mehr hinnehmen und hat strafrechtliche Ermittlungen gegen X wegen Bildung einer organisierten Bande im Zusammenhang mit zwei konkreten Vorwürfen gestartet.


> – Altération du fonctionnement d’un système de traitement automatisé de données en bande organisée ;
> – Extraction frauduleuse de données d’un système de traitement automatisé de données en bande organisée

Auf heise.de werden diese Vorwürfe wie folgt übersetzt:


> – Manipulation der Funktion eines Systems zu automatischer Datenverarbeitung durch eine organisierte Bande
> – Betrügerische Ausleitung von Daten aus einem solchen System durch eine organisierte Bande

Der Autor Daniel AJ Sokolov erklärt die Bedeutung der Einstufung als organisierte Bande:

> Einen besonderen Nerv hat die Einstufung als organisierte Bande (bande organisée) getroffen. „Diese Beschreibung, die in der Regel für Drogenkartelle und mafiöse Gruppen reserviert ist, ermöglicht der französischen Polizei nach französischem Recht auf erweiterte Ermittlungsbefugnisse zurückzugreifen“, darunter das Abhören von Geräten

Die deutsche Staatsanwaltschaft sollte sich ein Beispiel nehmen und ebenfalls Ermittlungen einleiten. Wenn deutsche Politiker zu feige sind, sich mit dem Faschisten Musk anzulegen, oder sogar wie Robert Habeck weiterhin dessen Plattform nutzen, dann müssen Ermittlungsbehörden einschreiten. Wer unseren Staat angreift, der muss sich dafür vor Gericht verteidigen.

Gmail manipuliert Emails

Gmail verfügt über eine Übersetzungsfunktion, die Inhalte von Mails automatisch in eine Zielsprache übersetzen kann.

Der Google Watch Blog berichtet:

> [Der Übersetzungsservice] birgt aufgrund von Google Translates Schwächen aber auch die Gefahr, dass Inhalte nicht korrekt wiedergegeben werden. Was im Web halbwegs akzeptabel ist, ist gerade im Dokument-ähnlichen Mailverkehr ein großes Problem.

Überraschend ist aber der Umstand, dass auch manche deutsche Texte ins Deutsche übersetzt werden.

> Aus dem „Ass im Ärmel von Donald Trump“ wurde plötzlich ein „Arsch im Ärmel von Donald Trump“. Man mag schmunzeln, könnte aber schnell an der Seriosität der Publikation zweifeln. Schlimmer ist, dass aus „ukrainischen Stellungen“ plötzlich „amerikanische Stellungen“ und aus der „israelischen Armee“ die „russische Armee“ wird.

Meta verdient am Betrug mit

Der Wissenschaftler und Publizist Chistian Stöcker berichtet in seiner Spiegel-Kolumne von der sehr zögerlichen, oder sogar ausbleibenden Reaktion von Meta auf das Melden von kriminellen Angeboten bei Facebook und Instagramm.

Betrüger begehen laufend Identitätsdiebstahl und eröffnen Konten unter Stöckers Namen und mit seinem Profilbild, oder sie kopieren gleich den kompletten Inhalt des Originalkontos. Mit diesen Konten versuchen Sie dann ahnungslose Nutzer um Geld zu betrügen.

Facebook kassiert natürlich fleißig Anzeigengebühren von den Trickbetrügern und hat nur wenig Anlass, selbständig gegen solche Fake-Konten vorzugehen. Was mit den heutigen Werkzeugen überhaupt kein Problem wäre.

> Der Social-Media-Konzern könnte solche Fake-Accounts automatisch erkennen und sofort löschen. Tut er aber nicht. Mehr noch: Nicht einmal darauf, dass ein entsprechender Fake-Account gelöscht wird, wenn ihn jemand meldet, kann man sich verlassen.

Leider schützt weder die Politik und schon gar nicht der Technologiekonzern seine User vor Identitätsdiebstahl und Betrugsmaschen. Facebook befindet sich in der Endphase der sogenannten „Enshittification“ und jeder, der Facebook noch nicht den Rücken gekehrt hat, sollte sich überlegen, diesen überfälligen Schritt endlich zu machen.